Frühling

Frühling

«Die Nachhaltigkeit ist vom Aussterben bedroht»

«Wir befinden uns mitten in einer Biokrise», titelte der Tages Anzeiger Anfang dieses Jahres. Grund war der Konkurs der renommierten Müller-Reformhäuser. 37 Filialen und 298 Mitarbeitende waren davon betroffen. Aber nicht nur der grosse Fisch, auch kleinere Bio- und Unverpacktläden, die vor und während der Pandemie noch boomten, spürten, dass sich der Wind gedreht hatte. Darunter auch der Unverpacktladen PeperOhni in der Webergasse in Schaffhausen.

01.06.2023 PeperOhni Unverpackt GmbH

«Auch uns stand das Wasser bis zum Hals», sagt Diana Zucca, Geschäftsführerin und Mitinhaberin der PeperOhni Unverpackt GmbH. Im September 2019 eröffnete der Laden an der Webergasse in Schaffhausen. Und lief ganz gut, während des Lockdowns sogar sehr gut. Die Menschen machten sich Gedanken über Gesundheit, Nachhaltigkeit, schätzten den Vorteil regionaler Produkte, und rasch über die Grenze fahren, um da den Kombi vollzuladen, ging sowieso nicht. Schön und gut war die Phase, aber von kurzer Dauer. Denn sobald wieder einigermassen Normalität in den (Einkaufs)alltag eingekehrt war, sanken die Umsätze kontinuierlich. «Zuerst denkt man vielleicht, gut, es sind Sommerferien, oder es hat eine Baustelle, oder sonst einen momentanten Grund, aber irgendwann realisiert man, dass es ist, wie es ist», sagt Diana Zucca. Die Rechnungen häuften sich, die schlaflosen Nächte auch. Was nun - schliessen oder weitermachen? Wenn ja, wie? Die viel beschworene Nachhaltigkeit schien zum Scheitern verurteilt.

Schrittweise Veränderung
Aber Diana Zucca ist keine, die schnell aufgibt. Schon gar nicht, wenn sie den Narren an einer Sache gefressen hat. Dieser originelle Laden in der Altstadt, gut, etwas abseits vom Schuss, aber trotzdem schön gelegen, das müsste doch funktionieren. Also beriet man sich im mittlerweile geschrumpften Team, suchte neue Ideen, besann sich auf vorhandene Stärken. «Dass meine Mitarbeiterinnen so gewillt waren, dranzubleiben, das freute und ermutigte mich sehr!», sagt die Geschäftsführerin. Ebenfalls motivierend waren die treuen Stammkund:innen, die täglichen Begegnungen, der Austausch, der oftmals weit über ein «Grüezi, Danke, uf Widerluege» hinausging. Und genau das war es doch, oder? Wir sind mehr als...diese Erkenntnis, dass wir nicht nur ein Laden sind, wo man kurz seine Einkäufe erledigt (obwohl das natürlich durchaus möglich ist) legte den Grundstein für die lebensnotwendige Veränderung des PeperOhni.

Diese erfolgte nicht auf einen «Chlapf», sondern schrittweise. Zum einen standen individuelle Beratung und Service an den Kund:innen vermehrt an erster Stelle. Recherche für gewünschte Produkte, Spezialbestellungen, Kreieren von Geschenkkörben, Hauslieferungen, alles möglich, alles machbar. Dazu der Auf- und Ausbau eines einzigartigen Sortiments mit erstklassigen Produkten, bio, fair und möglichst regional. So entwickelten sich Klassiker wie das Bier und die Rauchwürste aus Neuhausen, die farbigen Spirelli aus Osterfingen, die Piemonteser Haselnüsse, die handgemachten Spitzbuben aus Stein am Rhein, die demeter Milchprodukte der Sennerei Bachtel, usw.

Im Austausch mit der Kundschaft stellte sich heraus, dass viele das unverpackte Einkaufen zwar sinnvoll, aber doch etwas beschwerlich fanden. «Ich wollte vorbeikommen, aber hatte grad nichts dabei, oder mein Behältnis zuhause vergessen», hiess es oft. Auch Tourist:innen, die durch Schaffhausen schlendern, haben selten ein Gebinde dabei. So entstand die Idee der «gschiiden» Verpackung. Spontane Besuche sollen schliesslich möglich sein, mit oder ohne. Eine Mitarbeiterin brachte eines Tages die Lösung, zufällig. Eine Teepackung hatte sie sich gekauft, in einem Beutel aus Gras. Mehrfach verwendbar, viel ressourcenschonender hergestellt als Papier, 100% recycelbar. Seit einigen Wochen sind die praktischen Beutel nun im Gebrauch. «Gschiid & Unverpackt» heisst das neue Verkaufskonzept, und die Rückmeldungen sind durchweg positiv.

 

Das neue Herzstück
Am 18. März feierte PeperOhni Gschiid & Unverpackt die Eröffnung des neuen Herzstücks. Zum Laden gesellt sich nun ein kleines Bistro. Zwei hübsche Marmortische im Laden, dazu ein grosser Tisch auf der Gasse. Hier können die Gäste verweilen, einen Cappuccino, ein kühles Getränk oder eine hausgemachte Spezialität geniessen. Verkauf und Gastronomie ergänzen und beeinflussen sich gegenseitig sehr gut. Stammkund:innen stossen auf Reisende und kommen mit ihnen ins Gespräch oder setzen sich selber hin für eine Verschnaufpause.  Die Kaffeemaschine summt, der Backofen brummt, es riecht nach Kuchen und gerösteten Nüssen, Unterhaltungen plätschern vor sich hin, jemand lacht, andere lesen Zeitung oder bewundern die Dekoration.

Sollte es doch möglich sein, Nachhaltigkeit in einer schönen, sinnlichen Form zu leben, hier in Schaffhausen? Über den Berg sind wir noch nicht, aber eine Besserung zeichnet sich klar ab. Nun hoffen wir, dass unser Pflänzchen gedeihen und wachsen wird.

Biopartner danken wir für die gute Zusammenarbeit in schwierigen Zeiten. Bleiben wir dran!